Knapp einen Monat ist es nun her, dass mit Viehabtrieb und Schachtenfest das offizielle Ende der Weide-Saison auf den Schachten gefeiert wurde. Die drei letzten Bauern mit Weiderecht auf den hoch in den Bergen gelegenen Wiesen brachten ihre Rinder zurück ins Tal. Doch auch wenn dies damit eine gelebte Tradition in Bodenmais darstellt, weitaus größer ist das Spektakel um den Sankt Martins Tag. Zwei Tage lang ziehen junge Burschen und inzwischen auch so manches Mädel, angeführt von einem Hirten, und mit Kuhglocken behangen durch den Ort, von Haus zu Haus und schließlich zum großen Zusammentreffen an der Kuhbrücke.

Harte Zeiten

Es muss eine harte Zeit gewesen sein, keineswegs diese viel zitierte „gute alte“, die dereinst die echten Hirten erlebten. Nach langen Wochen auf den Schachten, oft allein und verantwortlich für das Vieh der Bauern im Tal, erhielten die meist jungen Burschen ihren kargen Lohn. Das Wolfauslassen erinnert daran, zum einen mit dem Brauch von Haus zu Haus zu gehen und etwas Lohn (in Form von Geld und neuerdings auch Getränken) zu erhalten. Zum anderen an die Art, wie mit Peitschen und Kuhglocken versucht wurde, wilde Tiere von den Weidetieren fern zu halten. Nach dem Viehabtrieb war der große Aufmarsch mit den Glocken auch das Zeichen für die Raubtiere, wieder auf die Schachten gehen zu können, was den Begriff „Wolfauslassen“ erklären kann. In vielerlei Hinsicht war und ist es schließlich eine besonders ausgelassene Form des Feierns, eine „Freinacht“ für die Hirten und jene, die daran erinnern.

Der Termin

Immer am 11. November, dem Tag des Sankt Martin (in Bayern: Martini), treffen sich die drei großen Bodenmaiser Gruppen („Wölfe“), die 1. Bodenmaiser Wolfauslasser, die Heuern und die Hewerla spät abends an der Kuhbrücke, jenem zentralen Ort unterhalb des Marktplatzes, der schon beim Viehabtrieb die wichtigste Anlaufstelle für Schaulustige darstellt. Und auch in diesem Jahr hatten sich mehrere hundert Zuschauer versammelt, bevor gegen zehn Uhr die Glocken der Wölfe aus drei verschiedenen Richtungen zu hören waren. An die zweihundert Burschen erreichten kurz darauf den Platz an der Arberseestraße, um angetrieben von den als Dirigenten fungierenden Hirten und begleitet von den Goaslschnalzern („die mit Geißeln schnalzenden“) ein finales Crescendo anzustimmen. Eine Stunde lang wird noch einmal alles gegeben, diverse Rhythmen und kunstvolle Techniken anwendend, bevor, wie auf ein geheimes Zeichen hin, die drei Gruppen wieder im dunkel der Nacht verschwinden. Wie lange dann noch in die Nacht hinein gefeiert wird wissen nur die Beteiligten.